Warum die Carlsberg-Kampagne „probably“ trotzdem aufgeht

Die meistens wissen es vermutlich längst: Hinter der ominösen Bandenbeschriftung „Probably“, die wir bei TV-Übertragungen von EM-Spielen mitunter begaffen, verbirgt sich das erste Wort des Unternehmensclaims der dänischen Brauerei Carlsberg – „Probably the best beer in the world.“ Die mutmaßliche Claimzerstümmelung geht auf ein in Frankreich geltendes Gesetzt zurück, das die Werbung von Alkohol und Genussmitteln in Sportstätten regelt – was so viel heißt wie verbietet.

All diejenigen, die bereits wussten wer und was sich hinter „Probably“ verbirgt, kannten das Logo bzw. den Schriftzug entweder schon vor der Fußball-EM gut genug oder haben einen der über zwei Dutzend Artikel auf googlerelevanten Plattformen gelesen. Die TZ, die Bild, der Express, die Süddeutsche, der Focus, Spiegel Online, die Augsburger Allgemeine, die Welt, Horizont, W&V und der BusinessInsider – sie alle haben ihren Lesern zwischen dem 15. und 22. Juni erklärt, was es mit „Probably“ auf sich hat. Dabei wurde das Unternehmen Carlsberg durchschnittlich 3,5 Mal pro Artikel erwähnt.

Fast alle Beiträge waren gleich aufgebaut: Der Erklärbär machte den Aufhänger, Fragezeichen und Doppelpunkte in der Headline gaben das Versprechen nach erlösender Aufklärung und der Verweis auf den ehemaligen Sozialminister Claude Evin, auf den das Gesetzt zurückgeht, erfüllte den Anspruch, eine weitere Lücke mit Bullshitwissen gefüllt zu haben. Zum Ende der Beiträge gab’s dann noch einen hämischen Verweis auf die Unsummen, die Carlsberg dafür hinblätterte, nicht einmal Ihren Unternehmensnamen zeigen zu dürfen. „Ob das Zuschauer verstehen? Probably not!“ (Im Content-Tagesgeschäft gilt sowas als kreativ und witzig.)

Zwei Artikel – unter anderem auf HORIZONT online – erwähnten wenigsten noch den nicht ganz unwichtigen Umstand, dass die Bandenwerbung nach einiger Zeit umspringt und Zuschauer die ganze Message „Probably…the best in the world“ zu erfassen bekommen.  Während HORIZONT als einziger Dienst die Absicht dahinter im Sinne einer cleveren Kampagne betonte, klang es auf allen anderen Seiten so, als sei Carlsberg einfach nur zu dumm gewesen, sich im Vorfeld über das Gesetzt zu informieren.

Ein Blick auf Google Trend verrät:



Die Suchanfragen für „Probably“ sind auf 100% angestiegen. Und dank TZ und Co. werden wir auch gleich auf der ersten Seite fündig und erfahren: Dahinter steckt Carlsberg, die dänische Traditionsbrauerei aus Kopenhagen. Passend dazu sind im Juni auch die Suchanfragen für Carlsberg angestiegen:



Ob und was das für Carlsberg heißt, ob man die Kampagne letztendlich als erfolgreich bezeichnet, wird sich an ganz anderen (Absatz)zahlen messen müssen. Eines steht jedoch fest: Ob die ROI-Rate nun stimmt oder nicht, so viel Markenengagement hat es wohl mit noch keine Bandenwerbung gegeben.

© 2018 André Berens, Textbüro Mit einem Wort